Der Heilige Mauritius in Magdeburg (ca. 1240)

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Der Heilige Mauritius als Ritter gekleidet

Diese Statue vom heiligen Mauritius im Magdeburger Dom stammt aus ungefähr 1240 und wurde wahrscheinlich von dem anonymen Bildhauer des bekannten Magdeburger Reiters angefertigt.  Die gehauenen Merkmale vom Gesicht des Heiligen Mauritius und die Färbung identifizieren ihn eindeutig als einen schwarzen Mann, aber dies ist keine erniedrigende Karikatur.  Diese lebensnahe und naturgetreue Figur ist ein bewundernswerter Krieger mit seinem kennzeichnenden Speer bewaffnet, den er einst in seiner rechten Hand hielt. In dieser Statue, der frühesten Darstellung vom Heiligen Mauritius als schwarzen Mann, sehen wir eine Innovation in den mittelalterlichen Darstellungen von Schwärze, die die negativen Stereotypen anfocht und stattdessen auf den christlichen Egalitarismus bestand, der jegliche Farbenunterschiede überwand.

Es ist nicht ganz sicher, dass der Heilige Mauritius eine wirkliche Person war, aber laut der Hagiographie war er der Feldherr der Thebaischen Legion im späten dritten Jahrhundert unserer Zeitrechnung.  Die Legion, die im römischen Ägypten aufgestellt wurde, bestand aus Christen und das zu einer Zeit, wo das Christentum zwar legalisiert aber noch nicht der offizielle Glaube des Reiches war. Während sie in Agaunum, was heute die Schweiz ist, stationiert waren, erlitten sie den Märtyrertod, weil sie den Befehl verweigerten, einheimische Christen zu verfolgen. Ungefähr ein Jahrhundert später wurden die Überreste des Heiligen Mauritius nach Agaunum – später ihm zu Ehren in St. Moritz umbenannt – gebracht, aber es war ihm nicht bestimmt, eine Figur örtlicher Heiligenverehrung zu bleiben.

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Eine Anzahl an deutschen Herrschern nahmen Mauritius als Schutzpatron an und so verbreitete sich sein Bild in den deutschen Ländern. Am nennenswertesten ernannte Kaiser Otto I. aus dem zehnten Jahrhundert Mauritius als Schutzpatron seines Reiches und auch als Schutzherr von Magdeburg, das die Basis seiner Missionsarbeit in Richtung Osten war. Im zwölften und dreizehnten Jahrhundert bildete die mächtige Hohenstaufen Dynastie ihre Verbindungen zu Magdeburg, weil sie in Mauritius einen Vorkämpfer gefunden hatten, um ihre expansionistischen Ziele zu symbolisieren. In ihrem Fall hofften sie darauf, die deutschen Länder mit den normannischen Ländern in Süditalien und Sizilien zu vereinen und dadurch die Reichweite des Christentums gegenüber dem Islam auszudehnen.

Es war in diesem Zusammenhang, dass der Heilige Mauritius, wo er doch vorher als hellhäutig dargestellt worden war, ein schwarzer Mann wurde; zuerst in den zwei Passagen aus der Kaiserchronik (ca. 1160), die ihn als Feldherrn einer Truppe von „schwarzen Mohren“ beschrieb und dann in dieser Statue. Es ist nicht klar, ob die Statue, wie Paul Kaplan vorschlägt, auf Befehl von Friedrich in Auftrag gegeben wurde oder ob der Erzbischof Albert II., wie Gude Suckale-Redlefsen darlegt, die Statue aus seiner Eigeninitiative bestellte, aber auf jeden Fall erwies sich das Bild des schwarzen Heiligen als mächtiges Propagandawerkzeug für den Hohenstaufen Herrscher. So wie es für seinen Vater Heinrich des VI. wahr gewesen war, verstand Friedrich der II., dass Darstellungen einer Vielfalt von Themen in seinem kosmopolitischen Reich nützlich waren, um seine Autorität zu untermauern. Friedrich betonte die Reichweite der Macht seines Glaubens und seiner Politik, indem er das Vorbild christlicher Kraft als schwarzen Mann darstellte, was ein nützliches Werkzeug gegen widerspenstige Adelige und aufsässige Kirchenfunktionäre war. 

Der Gedanke, dass man eine schwarze Figur verwendet, um Kosmopolitismus und christlichen Universalismus wachzurufen, war nicht spezifisch für Mauritius; jenseits der Einführung von schwarzen Figuren in der Heraldik, inspirierte es auch die Tradition der Heiligen Drei Könige und weiterer schwarzer Heiliger in anderen Teilen der deutschen Länder.

Die Heiligenverehrung des noblen Mauritius blieb bis zum Anstieg des transatlantischen Sklavenhandels ab dem ungefähr sechzehnten Jahrhundert am dominantesten. Obwohl das traditionelle Bild bis in die Gegenwart bestehen geblieben ist, gab es eine deutliche Veränderung zugunsten einer Darstellung von Mauritius im „primitiven“ Gewand. Diese Darstellung passte besser zu einer sich entwickelnden Weltansicht, die die Brutalisierung und Ausbeutung schwarzer Menschen gerechtfertigte.

Jeff Bowersox (übersetzt von Lilian Gergely)


English

Quelle: Terryrolf, Statue des Heiligen Mauritius and RoemkeHoekstra, Beeld van Mauritius, Magdeburg Cathedral via Wikimedia Commons.


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