Hans Multscher, Die Anbetung der Heiligen Drei Könige (1437)

Obwohl es heute vollkommen akzeptiert wird, vor allem in Europa, dass einer der Heiligen Drei Könige schwarz ist, war dies mit der Geschichte nicht ursprünglich so. Obwohl im westlichen Christentum die Könige schon ab dem sechsten Jahrhundert Melchior, Balthasar und Caspar genannt wurden, war es erst im Mittelalter, dass Berichterstatter ausgiebig über die Länder ihrer Herkunft spekulierten. Ab dem dreizehnten Jahrhundert bestimmten Texte, dass sie aus Persien, Indien, Arabien, dem Mittelmeerraum, Nubien, Saba und anderen legendären Ländern gekommen waren, aber das Bild des Schwarzen Königs erschien nicht bis zum vierzehnten Jahrhundert und wurde erst nach 1500 üblich. Ab diesem Zeitpunkt hatte man im westlichen Christentum die Heiligen Drei Könige als Könige etabliert, die man zur Darstellung der ganzen Menschheit heranziehen konnte, jeder für einen der drei bekannten Kontinente Asien, Europa und Afrika. Die globale Reichweite des Christentums war ein wichtiger Anspruch in Zeiten, als die Christen in Europa ihren Fortschritt gegen Muslime auf der iberischen Halbinsel als optimistisch ansahen, aber auch besorgt über ihre Unfähigkeit waren, das Heilige Land zurückzuerobern oder die Ausdehnung der Ottomanen in Anatolien und dem Balkan aufzuhalten. Wie in der Tradition des Heiligen Mauritius, zeigte der Schwarze König, wie Schwärze positiv als ein Symbol verwendet werden konnte, dass vielen vorherrschenden, negativen Assoziationen entgegenwirkte und den universalen Anspruch des Christentums gegen den Islam geltend machte.

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Hans Multschers Anbetung, das nur eines von einer Reihe von Gemälden ist, das den massiven Altar mit Szenen aus dem Leben von Christus zierte, sticht als nennenswertestes frühe Beispiel dieses Trends hervor und wir können hier die die Entwicklung der vielen Konventionen sehen, die später den Schwarzen König prägten. Er steht abseits auf der einen Seite, aber dies ist der Fall, da er, wie sein glatt rasiertes Gesicht andeutet, der Jüngste der drei ist. Als Entschädigung gibt ihm Multscher die auffälligste, exotischste Kleidung und Bedienstete. Seine edle Haltung und sein wohlhabendes Gewand machen klar, dass dies weder eine erniedrigte noch eine dämonische Figur ist, sondern dass sie bewundert werden sollte.

Multscher scheint auch herauszuarbeiten, wie man einen schwarzen Mann als einen der Könige darstellt. Obwohl der Mann unverwechselbare Haare und Hautfarbe hat, sind seine Gesichtszüge ansonsten wenig anders wie die seiner Königsgefährten, was manche Berichterstatter dazu veranlasste, der Meinung zu sein, dass Multscher nicht viel Kontakt mit Afrikanern gehabt hatte. Obwohl dies vielleicht wahr ist, ist auch anzumerken, dass er sich Mühe gegeben zu haben scheint, den schwarzen Gefolgsmännern breitere, rundere Nasen und zumindest einem der Männer im Hintergrund, ähnlich dem hellhäutigen Mann hinter ihm, ein flacheres Gesicht zu geben. Ob Multscher aufgrund von Unwissen und Vorstellungskraft arbeitete, indem er vielleicht aus den Berichten von Reisenden schöpfte oder ob er entschied, was er unter „edlen“ Zügen für einen König verstand, um ihn von seinen Bediensteten zu unterscheiden, ist bis jetzt unklar.

Jeff Bowersox (übersetzt von Lilian Gergely)


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Quelle: Hans Multscher, Die Anbetung der hl. Drei Könige; Außenflügel des Wurzacher Altars (1437) via Wikimedia Commons.


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Hans Multscher, Die Anbetung der Heiligen Drei Könige (1437) by Jeff Bowersox and Lilian Gergely is licensed under a Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 International License. Permissions beyond the scope of this license may be available at https://blackcentraleurope.com/who-we-are/.