Anton Wilhelm Amo argumentiert gegen die Legalität der Sklaverei in Europa (1729)

Anton Wilhelm Amo war ein Afrikaner, der in Axim (im heutigen Ghana) geboren wurde.  Er wuchs im Haus der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel auf und studierte und lehrte Philosophie an deutschen Universitäten, wo er sich in bittere philosophische Debatten verwickelte, die weit über den Elfenbeinturm hinausgingen. Behörden und Kritiker machten ihm schließlich seine Position so unangenehm, dass er um 1747 nach Axim zurückkehrte. Während seiner Zeit in Deutschland scheint ihm sein afrikanisches Erbe wichtig geblieben zu sein, und es war ein Faktor für die Chancen und Grenzen, die seine Karriere prägten.

Im Jahr 1729 verteidigte er an der Universität Halle seine Diplomarbeit mit dem Titel „Inauguraldissertation über die Rechtsstellung der Mohren in Europa”. Obwohl die Dissertation leider verloren gegangen ist, kennen wir ihren Inhalt aus späteren Zusammenfassungen von Johann Peter von Ludewig und Johann Heinrich Zedler. Es scheint, dass Amo argumentierte, dass Afrikaner, die die Vasallen Roms gewesen waren, die gleichen Rechte hatten wie Europäer, nicht versklavt zu werden. Das Argument ist bemerkenswert, weil es ein scholastisches Argument gegen die Sklaverei ist, das nicht auf sentimentalen Appellen oder biblischen Referenzen, sondern auf Angriffen auf die grundlegende Rechtmäßigkeit der Institution basiert.

Jeff Bowersox (übersetzt von Lilian Gergely)


English

Hierselbst hat sich ein in Diensten Sr. Hochfürstl. Durchl. des regierenden Hertzogs von Wolfenbüttel stehender getaufter Mohr Namens Herr Antonius Wilhelmus Amo, einige Jahre Studirens halber aufgehalten. Und nachdem er vorhero die Lateinische Sprache zum Grund geleget hat er hier die collegis iuris priuati und publici mit solchem Fleiß und succeß getrieben, daß er in solchem studio ziemlich geübet. Solchem nach er sich mit Vorbewußt seiner gnädigsten Herrschaft welche ihn bisher allhier unterhalten bey dem Herrn Cantzler von Ludewig angegeben unter deßen praesidio sich mit einer disputation öffentlich hören zu lassen. Damit nun das argument der disputation seinem Stande gemäß seyn möchte; so ist das thema de iure mavrorum in Europa oder vom Mohrenrecht beliebet worden. Darinnen daß nicht allein ex LL und der Historie gezeuget; daß der Mohren ihr König bey dem Römischen Kayser ehedem zu Lehen gegangen und jeder von denselben ein Königs-Patent welches auch Justinianus augetheilet hohlen müssen; sondern auch vornehmlich dieses untersuchet wie weit den von Christen erkaufften Mohren in Europa ihre Freyheit oder Dienstbarkeit denen üblichen Rechten nach sich erstrecke.


Quelle: Wöchentlichen Hallischen Frage- und Anzeigungs-Nachrichten (28 November, 1729)


Amo (Anton Wilhelm), ein getaufter Mohr, gebürtig aus Guinea in Africa. Se. hochfürtstl. Durchl. von Braunschweig-Wolffenbüttel ließen ihn auf Dero Kosten einige Jahre zu Halle di Philosophie und Rechtsgelehrsamkeit studieren. Im Jahr 1729 im Monat November hielte er unter dem Vorsitze des Herrn Kanzlers von Ludwig eine Juristische Dissertation de jure Maurorum in Europa, oder von Mohrenrecht. Er hat darinnen aus denen Gesetzen und Geschichte gezeigt, daß der Mohren ihr König den dem Römischen Kaiser  ehedem zu Lehen gegangen, und jeder von denselben ein Königspatent, welches ausauch Justinianus ausgetheilt, hohlen müssen. Hiernächst untersuchte er, wie weit der von Christen erkauften Mohren in Europa ihre Frenheit oder Dienstbarkeit sich nach denen üblichen Rechten erstrecke. Ludwigs Universal-Historie, Th. V, p. 251. Er hat nachmals die Magisterwürde angenommen, und einige Zeit zu Halle Collegia privatissima gelesen. Dreyhaupts Beschreib. des Saalkreises Th. Il, p. 28. Er muß aber nachmals auch die Wittenbergische Universität besuchet haben, immaßen wir von ihm besitzen Disputationen  philosophicam, continentem ideam distinctam eorum, quae competunt vel menti vel corpori nostro vivo & organico, die er zu Wittenberg als Präses 1734 den 29 Mai öffentlich vertheidiget hat. In eben dieser Dissertation beziehet er sich etliche mal auf eine andere von ihm gehaltene Diss. de humane mentis apatheia.


Quelle: Johann Heinrich Zedler, “Amo (Anton Wilhelm),” in Großes Universallexicon aller Wissenschaften und Künste, translated by Justin E. H. Smith (Leipzig, 1739-1750), 1369-1370.

We gratefully acknowledge the assistance of Justin E. H. Smith and The Amo Project for making these sources available.


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