Balthasar Springer plündert ostafrikanische Städte (1509)

Balthasar Springer (auch Sprenger) nahm an einer der frühesten Umseglungen Afrikas teil und segelte mit einer portugiesischen Flotte nach Indien, nur wenige Jahre nachdem Vasco da Gama die Reise zum ersten Mal beendet hatte.  Der gebürtige Tiroler war Vertreter eines Augsburger Handelshauses und suchte nach anderen Handelspartnern als den italienischen Stadtstaaten. Das Handelsunternehmen entwickelte enge Beziehungen zu Portugal, so dass Springer vom portugiesischen König Manuel I. den Auftrag erhielt, eine Handelsmission in den Indischen Ozean durchzuführen. Auf Reisen mit der Flotte von Francisco de Almeida in den Jahren 1505-1506 besuchte er zahlreiche Städte in Ostafrika und Indien und wurde durch die Veröffentlichung seines Reisetagebuchs 1509 berühmt. Mit dieser Mission und seinem Reisetagebuch zeigt Springer zwei Mittel, mit denen die Mitteleuropäer materiell und virtuell als Europäer am Welthandel und an der Eroberung teilnahmen.

Springers Reisebericht war einer der ersten in Deutschland, der solche fernen Länder beschrieb. Seine detaillierten ethnographischen Beschreibungen, ergänzt durch hochwertige Holzschnitte des bekannten Künstlers Hans Burgkmair, lieferten neue Beobachtungsdetails über Länder, die ansonsten in die Nebel der Legenden und Fantasien gehüllt waren. Gleichzeitig veranschaulicht der Fokus auf das Fremde und die Verwendung von Kennzeichnungen wie „wild”, wie die direkte Begegnung mit unbekannten Völkern und Bräuchen, von denen viele die Reisenden mit ihrer Raffinesse beeindruckten, weitreichende Diskussionen über die Definition von „Zivilisation” und den Platz des christlichen Europas in der Welt anregte.

In diesen Auszügen beschreibt er die gewaltsamen Begegnungen der Flotte mit wohlhabenden, „heidnischen” (muslimischen) Handelsstädten entlang der ostafrikanischen Küste. Diese zeigen seinen scharfen Blick für die natürlichen Ressourcen sowie die Begeisterung der Flotte für die Plünderung, die durch ihre Waffenüberlegenheit ermöglicht wurde. Die meisten örtlichen Herrscher widersetzten sich den Forderungen der Flotte, während einige damit zufrieden waren, Tribut zu zahlen und zu sehen, wie ihre Rivalen zerstört wurden. Diese Begegnungen unterschieden sich dramatisch von den Begegnungen mit den einfacheren „Wilden“ entlang der westafrikanischen Küste. 

Jeff Bowersox (übersetzt von Lilian Gergely)


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In diesem Land gibt es seltsame Schafe mit breiten, kurzen Schwänzen, in denen sie ihr Fett tragen. Sonst haben sie am ganzen Körper kein Fett. Die Kühe sind klein und fett und tragen einen Höcker am Rücken. Die Hirsche im Land gleichen den Geißen und sind so groß wie Pferde. Es gibt viele Felder mit Früchten wie Bohnen und Erbsen. Es wachsen dort auch Palmitenbäumte [Palmen], davon hat das Volk Wein, Essig, Öl, Wasser, Nüsse, Honig, Zucker etc. und sie haben von diesen Bäumen wohl sechzenerlei Frucht [Nutzen] und andre wunderbare Dinge, die alle aufzuzählen, mir zu verdrießlich ist und auch zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Am neunten August in der Nacht hatten wir große Angst und Sorge, daß ein oder zwei fremde Schiffe uns rammen könnten. Wir lagen nahe der Küste, was die Sorge noch vergrößerte, und es begegneten uns elf Schiffe. Doch Gott der Allmächtige beschützte uns mit seiner göttlichen Gnade, sodaß wir unbeschadet von den Schiffen wegkamen. Am dreizehnten Tag desselben Monates fuhren wir mit zehn Schiffen in den Hafen von Monbase [Mombasa] ein, aber das Volk dieser Gegend war uns feindlich gesinnt. Diese Land hat einen besonders schönen Hafen oder Einfahrt, und auf einem Platz an der Küste hatten sie ein unsagbar starkes Bollwerk erbaut, aus dem sie uns beschossen und viel Schaden anrichten, ja uns fast in ernste Bedrängnis brachten. Aber durch die Vorsehnung Jesu Christi, unseres Seligmachers, überstanden wir es und verjagten sie samt ihrer Habe und Bollwerk in die Stadt. Es gab da noch eine Festung außerhalb der Stadt, erbaut auf einem Felsen, dahin segelten wir nun an der Stadt vorbei. Wir fanden nicht viele Feinde darin, legten vor der Festung an und beschossen sie mit großen Ernst, bis unsere Feinde vertrieben waren.

Am 14. August nachmittags fuhren wir zur Stadt. Da schossen sie mit Bogen und Büchsen und warfen mit Steinen auf uns und verletzten etliche von unserer Mannschaft. Doch es war alles wirkungslos. Wir schossen an zwei Stellen Feuer in die Stadt und verbrannten viele ihrer Häuser. Ehe wir dies taten, trieben sie, um uns zu verdrießen, trotzig zwei Elefanten vor uns hin und her. Auch drei Kameltiere fanden wir in der Stadt und davor auf dem Felde. Die stark befestigte Stadt mit den engen Gassen war fast nicht einzunehmen. Aber unter Anrufung der Hilfe Gottes des Allmächtigen griffen wir in zwei Abteilungen unseren Feind in die Stadt guten Mutes an und wagten am fünfzehnten August den Sturm. Als wir in die engen Straßen und Gassen der Stadt kamen, war es so, daß kein dem andern weichen wollte. Doch wir drangen mit Gewalt unverzüglich durch. Da warfen sich uns die Mohren und Heiden so unmenschlich entgegen, daß wir uns unmöglich in der Stadt hätten halten können, wenn es nicht der ausdrückliche Wille Gottes gewesen wäre. Aber durch Gottes Vorsehnung und Bestimmung blieb manch ein Heide tot zurück, von den Unseren wurden nur zwei um ihr Leben gebracht. Wir eroberten und behielten die Stadt mit großer Freude und dankten Gott dem Allmächtigen.

Als wir die Stadt gesichert hatten und uns zum Plündern rüsteten, bemerkten wir, daß sich der König aus der Stadt begeben und sich mit einer Anzahl von Mohren und Heiden verstärkt hatte. Da mußten wir Vorsorge treffen, um nicht schnellstens wieder aus der Stadt geworfen zu werden. Wir ordneten an, daß die Straßen überwacht werden mußten, damit wir nicht unerwartet überfallen werden konnten, und fingen an zu plündern. Wir fanden die vorher erwähnten große Schätze, so viele, daß es mir unmöglich ist, alles aufzuzählen. Gott sei ewig Lob, Ehre und Ruhm, Amen.

Nun, von Killi [Kilwa] bis Bombasa [Mombasa] sind es siebzig Meilen und von dort noch einmal fünfundzwanzig Meilen zu einer anderen Stadt mit Namen Milyndi [Malindi]. Das ist ein eigenes Königreich, und dieser König war uns gut gesonnen, ein Freund, der in unentwegter Feindschaft Krieg gegen den König von Bombasa führte. Er zeichnete unsere Leute mit großen Ehren aus. Sein Hauptmann segelte uns gute fünf Meilen mit fünf Schiffen entgegen, sodaß wir zunächst nicht nach Milindy [Malindi] kamen. Der König war sehr zufrieden damit, daß wir die oben erwähnten Stadt dermaßen geplündert, zerstört und verbrannt hatten. Nach dem Plündern hatten wir noch alles übrige verbrannt, außer dem, was wir ausgeschieden hatten, und den gewölbten, gemauerten Häusern die waren so stark, daß wir sie nicht verbrennen konnten.


Quelle: Balthasar Springer, Die Meerfahrt, edited by Andreas Erhard and Eva Ramminger (Innsbruck: Haymon Verlag, 1998), 40-45. ©Andreas Erhard and Eva Ramminger.

Das Original findet man hier: Balthasar Springer, Die Merfart vn erfarung nüwer Schiffung vnd Wege zu viln onerkanten Jnseln vnd Künigreichen von dem großmechtigen Portugalische Kunig Emanuel Erforscht funden bestritten vnnd Jngenomen (Oppenheim, 1509), Bayerische Staatsbibliothek VD16 S 8379.


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